Das Territorialitätsprinzip gilt auch für Online-Dienste. Fernsehveranstalter benötigen weiterhin für jedes Land, in dem sie ihr Programm über Online-Dienste zugänglich machen, eine Gebietslizenz. Nur Nachrichten, tagesaktuelle Berichte und zu 100 Prozent finanzierte Eigenproduktionen dürfen Fernsehveranstalter künftig auf Grundlage des Ursprungslandprinzips mit einer nationalen Lizenz in ihren Mediatheken und Live-Streams EU-weit anbieten. Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) begrüßt diesen Kompromiss, den das Europäische Parlament heute als Bestandteil der sogenannten SatCab-Richtlinie in Straßburg verabschiedet hat. Nach der noch ausstehenden Zustimmung durch den Rat muss die Richtlinie binnen zwei Jahren in deutsches Recht umgesetzt werden.
„Das Europäische Parlament hat heute gezeigt, dass im Digitalen Binnenmarkt gute Kompromisse möglich sind. Dass Regulierung einen Interessenausgleich schaffen kann, der die wirtschaftlichen Realitäten der unabhängigen Filmwirtschaft akzeptiert und kulturelle Vielfalt nicht dem Plattformkapitalismus opfert. Dass ‚buy one, get 27 free‘ kein Geschäftsmodell für eine nachhaltige Kulturwirtschaft ist“, sagt Alfred Holighaus, Präsident der SPIO. Der Kompromiss werde dafür sorgen, dass sich die europäischen Bürgerinnen und Bürger in den Online-Diensten der Sender schnell und europaweit über tagesaktuelles Geschehen informieren können. Zugleich trage er den Finanzierungsbedingungen des deutschen und europäischen Films Rechnung, indem er das Territorialitätsprinzip für diese Werke auch im wichtigen Online-Markt sichert.
„Dass Marktpartner im Online-Geschäft auf Augenhöhe miteinander verhandeln können, ist leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Wir danken allen Europaabgeordneten, stellvertretend Angelika Niebler, die sich stets an der Seite der europäischen Filmwirtschaft für eine faire Balance der Marktkräfte eingesetzt haben“, so Holighaus. In der Umsetzung der Richtlinie müsse nun sichergestellt werden, dass sich die Intention des europäischen Gesetzgebers – nämlich den Anwendungsbereich für das Ursprungslandprinzip klar zu begrenzen – im deutschen Recht widerspiegelt.
Die Richtlinie mit Vorschriften zur Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen, kurz SatCab-Richtlinie, war im September 2016 als Verordnungsvorschlag der EU-Kommission gestartet. Ziel der Kommission war es, sämtliche Inhalte in den Online-Diensten von TV-Sendern über das Ursprungslandprinzip zu lizenzieren. Dabei hätte eine nationale Online-Lizenz ausgereicht, um einen Film oder eine Serie europaweit kostenlos in den Mediatheken und Live-Streams der Sender zugänglich zu machen. Diese Abkehr vom Territorialitätsprinzip hätte die Finanzierung und Vermarktung des deutschen und europäischen Films massiv eingeschränkt – Koproduktionen wären nicht länger möglich gewesen. Im Schulterschluss mit den Verbänden der europäischen Filmwirtschaft, den europäischen Filmförderinstitutionen und privaten TV-Sendern hat die SPIO sich nachdrücklich dafür eingesetzt, das Territorialitätsprinzip zu erhalten. Mit der Richtlinie wurde gleichzeitig geregelt, dass Urheber und Produzenten auch bei der technologieneutralen Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen sowie der Direkteinspeisung in Kabelnetze einen Vergütungsanspruch behalten.
Die Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinie nach Zustimmung durch den Rat binnen zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.
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